Der Österreicher Victor Gruen floh 1938 aus Nazi-Österreich in die Vereinigten Staaten. Dort missfielen ihm die Einkaufstrassen der Großstädte, die für ihn Ausdruck eines Einkaufens aus dem Auto heraus waren. Er wollte die Menschen dazu bewegen auszusteigen und in eine Einkaufsumgebung einzutauchen, wo man das Gefühl für Zeit und Orientierung schnell verliert und schließlich nur seiner Shoppinglust nachgeht. Gruen ahnte wahrscheinlich nicht, das er damit die Blaupause für die wichtigste kommerzielle Architektur des 20. Jahrhundert fertigte.
1956 hatte er mit dem Southdale Shopping Center in Edina, Minnesota, seinen wichtigsten Entwurf fertiggestellt. Während er selbst bald wieder nach Europa zurückkehrte, wurde sein Konzept tausendfach kopiert. Bis Mitte der 90er Jahren machten die Umsätze in den Einkaufszentren in den Vereinigten Staaten über 50 % an Ladenumsätzen aus.
In Phnom Penh gab es zu Beginn des letzten Jahres aus mir noch unerfindlichen Gründen auf einmal den Startschuss für gleich fünf neue Shoppingmalls. Eine aus Japan, eine aus Südkorea, eine aus Malaysien und zwei Wohnkonsortiumsprojekte namens „Times Square“ und „The Bridge“.
Die Japaner mit ihrer “Aeon Mall“ waren zuerst fertig und haben an diesem Wochenende mit einem gigantischem Eröffnungsfest den staunenden Kambodschaner vorgestellt. Einiges ist noch nicht fertig, wie zum Beispiel eine Eislaufbahn und die TV-Studios auf dem Dach, aber der überwiegende Teil der Läden stellt schon ihre schmuckvollen Artikel zur Schau.
Mir ist ein Rätsel wer außer den paar Ausländern und der, zugegeben sehr reichen, Oberklasse der Kambodschaner sich das hier alles leisten soll. Zum Glück hat mit dem Bauherren und Namensgeber Aeon der größte Mikrokonsumkreditdienstleister im Land Fuß gefasst. So kann sich auch die gewogene Mittelschicht schon für 24 Monate mal 50 Dollar ein neues Handy von Apple kaufen.
Ich habe ein paar Bilder von der schönen neuen Welt gemacht. Die Betextung stammt von Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen:
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