Letzte Woche erlebten Rita und ich sehr aufregende Stunden. Um das alles zu erzählen muss ich allerdings etwas ausholen. Wem das zu viel Text ist, kann sich stattdessen die neuen Bilder in der Galerie anschauen.
In Deutschland habe ich über die Jahre eine Menge "Berufskleidung" angesammelt. 52 Hemden, 49 Krawatten und 17 Anzüge (von denen mir aber nur 9 passten) hatte ich im Schrank. Anlässlich der Ausreise habe ich sehr viel abgegeben. Jetzt sind es 3 Anzüge, 12 Hemden und 21 Krawatten. Aber selbst die habe ich nicht mitgenommen. Denn erstens kann man sich ja alles auch in Kambodscha kaufen und zweitens würde es sicherlich Monate dauern, bis ich zu einem so förmlichen Termin eingeladen bin.
Die Deutsche Botschaft lädt einmal im Jahr zum einem Festakt ein. Der findet im Wechsel mit Süd Korea am 3. Oktober statt. Denn beide Länder feiern an diesem Tag Wiedervereinigung respektive Staatsgründung. Damit man sich nicht gegenseitig die Gäste wegnimmt, weicht ein Land dann immer auf einen späteren Tag aus.
In diesem Jahr feierte Deutschland also am 17. Oktober. Auf die Einladungsliste zu kommen ist sehr begehrt, denn immerhin ist es der einzige Anlass im Jahr an dem man leicht Kontakte zu anderen Deutschen schliessen kann. Somit gibt es jedes Jahr ein großes Gedränge um die Listenplätze auf der Einladung.
Diesmal hatten Rita und ich praktisch keine Chance. Die Einladungsliste war schon seit Wochen gesetzt und wir ja erst seit kurzem im Land. Außerdem waren wir gar nicht wichtig genug. ⅓ der Gäste kommt aus der kambodschanischen Regierung und den diplomatischen Kreisen, ⅓ ist Wirtschaft und ⅓ sind dann so NGOs und weitere Beilagen. Man gab uns den Tipp, gar nicht erst auf eine Einladung zu hoffen, da hülfen nur "Zufall und Glück".
Nun, als Fundraiser kann ich nicht viel, aber Zufälle planen und durchführen ist in meinem Job sicherlich eine wichtige Fähigkeit. Das tat ich dann auch. Weiterhin hatten wir das Glück das sich noch eine Person besonders für uns eingesetzt hatte. So erhielten, lange erhofft, knapp 30 Stunden vor Beginn der Veranstaltung auf den letzten Drücker die Einladung per Mail.
Zu meinem großen Entsetzen stand da jedoch, dass man als Kleidung einen dunklen Anzug wünsche, und den hatte ich ja nun nicht.
Sich etwas schneidern zu lassen war auf Grund der Kürze der Zeit unmöglich. Also machten sich Rita und ich am Mittwoch noch schnell auf den Weg in die Stadt. Allerdings ist der Markt dunkler Anzüge für Männer die den zweifachen Bauchumfang von Khmer haben doch recht übersichtlich. Mehrfach wurde in Geschäften ratlos und verwundert mit dem Kopf geschüttelt. Die Feststellung "Big Belly" wurde mich sanften Lächeln und Fingerzeig auf meinen Bauch als Erklärung gereicht.
Nach stundenlangem Suchen war ich dann stolzer Besitzer einer dunkelblauen Wollhose (die ich mir für sagenhafte 1 Dollar kürzen ließ), einem braunen Armanihemd (mit einem "certifico authentico" in dem "Armany" stand) und einer grüngekachelten Krawatte.
Ich war höchst unglücklich, sollte doch nun mein Eintritt in die gehobenen Gesellschaft daran scheitern, dass selbst die TukTuk Fahrer vor dem Hotel geschmackvoller gekleidet waren.
Es war dann doch ein wunderschöner Abend im Raffles Hotel Le Royal. Rita sah hinreißend aus und lenkte so alle Blicke von mir weg. Zudem begrüßte mich ein anderer NGOler mit den Worten "So sah ich beim ersten Mal auch aus", woraufhin ich über mein Unglück etwas lachen konnte. Außerdem war das Essen hervorragend, der Wein köstlich und der Nachtisch üppig. Wir haben viele nette und einige überhebliche Menschen kennengelernt. Es war schön.
Nächstes Jahr gerne wieder, dann im Anzug.
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Kilian (Dienstag, 22 Oktober 2013 21:37)
Das sieht mir aber maximal nach 1 1/2-fachem Khmer-Bauchumfang aus... oder hältst Du für das Bild etwa die Luft an?
Jedenfalls ist der Name Deines Ausstatters auf jeden Fall Programm: Much Fashion! Man fragt sich nur, was genau jetzt mit "selling men and women" gemeint ist?
Heide (Dienstag, 22 Oktober 2013 22:48)
Und wieso "nach durchzechter Nacht"? Auf der Einladung steht doch von 18.30 bis 20.30 Uhr?!?
Ich finde übrigens die bunte Mischung ganz hervorragend, geschmackvolles bürograu kann doch jeder!